Sonntag, 14. Dezember 2008

Vicky Christina Barcelona

Woody Allen-Filme lassen mich immer mit einem "Wie macht der das?" aus dem Kinosaal kommen. Mal ganz im Ernst: Wie macht der das? Er erzählt Geschichten, und es fühlt sich auch so an.* Und die Filme sind meist sehr emotional... oder besser gesagt, die Filme füllen einen mit Emotionen. Sie geben Gefühle an einen ab. Zumindest an mich.

Genauso geschehen gerade eben mit "Vicky Christina Barcelona". Ich komme raus, und fühle mich nicht nur voller Energie und Tatendrang, sondern auch mit einem seltsamen Cocktail aus Zuversicht, Vorfreude und Inspiration berauscht. Nicht, dass das jetzt wirklich die Themen des Films wären. Aber es ist als ob die Energie, die Woody Allen in seine Filme steckt, sich über die Leinwand auf einen zurück übertragen.

Der Film erzählt die Geschichte zweier Freundinnen, die einen Sommer in Barcelona verbringen. Die eine um ihre Diplomarbeit zu schreiben, die andere um sich zu orientieren und die Seele baumeln zu lassen. Ergänzt wird das ganze durch einen spanischen Künstler in den sich beide verlieben und später noch durch seine ohne Fragen absolut gestörte Ex-Frau.

Viel mehr als das passiert nicht wirklich. Und mehr ist auch nicht notwendig. Der Film bedient sich vor allem der Bilder und der Chemie die zwischen den Figuren entsteht, setzt auf einen außenstehenden Erzähler der mit kurzen Einleitungen die Szenen zusammen hält und den zeitlichen Ablauf festhält. Sehr schön habe ich auch die Dialoge empfunden, die oft sehr natürlich wirken weil sie nur aus einfachen Halbsätzen oder dazwischengeworfenem bestehen, sich zwischen den spanisch sprachigen Akteuren wundervolle Wortgefechte ergeben, die man dann mitlesen kann, und der Film trotzdem eigentlich dialogarm erscheint.

Die Geschichte bringt zwar die beiden völlig konträren Charaktere von Vicky und Christina am Anfang der Geschichte schön in Position, spielt diese aber gar nicht gegeneinander aus, sondern baut dieses Wechselspiel ausschliesslich über den Spanier Juan Antonio aus. Wo die beiden Frauen noch eher einer bestimmten Rolle entsprechen zeigt sich der Künstler fast zerrissen und somit recht plastisch. Grauzone statt schwarz-weiß, ein netter Kontrast.

Das Leitmotiv des Films sehe ich in dem Zwiespiel von Liebe und Leidenschaft. Wo man das eine sucht und das andere findet. Und umgekehrt. Oder eben nicht. Darum dass das eine das andere nicht ausschliesst, aber auch nicht bedingt, und es schwer ist beides zu haben. Und das man manchmal etwas braucht, einen Katalysator, eine fehlende Zutat, um das eine in das andere zu wandeln.

Da ich jemand bin, der in dieser Gefühlslandschaft schon viel Zeit verbracht hat, und versucht hat die Momente der unerfüllbaren Romanze für die Ewigkeit zu konservieren, ist das ein Film der weit mehr ist, als die Summe seiner Teile.


*Ich bin davon überzeugt, dass meine Sätze keinen Sinn ergeben müssen, solange sie erklären was ich mir denke.
turntable - 14. Dez, 23:28

weiß nicht, finde seine letzten filme etwas überbewertet.
grüße

Black_Mage - 15. Dez, 00:29

ich finde gerade seine letzten Filme besonders gut. Da sieht man wie unterschiedlich die Geschmäcker sind :)
Zucki (Gast) - 20. Dez, 03:10

...

um es wie Bernhard auszudrücken


...

Antichrist (Gast) - 24. Dez, 20:21

Da das hier ja mein Blog ist sollte ich auch mal etwas dazu sagen. Fangen wir mit Woody Allen Filme im Allgemeinen an. Ich stelle mir am Ende seiner Filme immer die gleiche Frage von der der Blackmage geschrieben hat. Aber das die eher neueren Streifen anders sind stimmt auch wieder. Ich finde das im Gegensatz zu den alten Filmen weniger auf professionelle Schauspieler gesetzt wird bzw. die nur in geringer Anzahl in den Filmen vorkommen. zb. Anything Else – Jason Biggs (musste gegenüber der American Pie Rolle nicht wirklich Änderungen vornehmen) , Scoop – Hugh Jackman (Im Allgemeinen kein schlechter Schauspieler, wenn er nicht gerade eine Charakterrolle zu spielen hat), Match Point - Jonathan Rhys Meyers (Nicht unbedingt mit der Fähigkeit die Mimik zu verstellen begnadet). Die haben in Woody Allen Filmen nichts zu suchen.

Was Vicky Cristina Barcelona betrifft bin ich völlig anderer Meinung als der Blackmage. Im allgemeinen finde ich den Film sehr gut. Aber ich sehe das Dargebotene etwas anders. Denn was der Blackmage so schön als locker und leicht ausgelegt hat stimmt nicht im geringsten.
Ein, zugegeben charmanter und kultivierter, Typ bietet in den ersten paar Sätzen zwei Frauen gleichzeitig an mit ihm ein Wochenende zu verbringen und miteinander zu schlafen. Ah…moment er nennte es ja eigentlich sich lieben. Jedoch ist sich lieben das selbe wie miteinander schlafen=sex=ficken=einen wegstecken usw….Nur weil man sich kultiviert ausdrückt ist das Ziel nicht ein andres. Zurück zu den Frauen: Die eine leichtlebig und natürlich sofort Feuer und Flamme für das Angebot die andere verlobt und nicht begeistert. Im Endeffekt fand dieses WE natürlich statt. Und kurz bevor die leichtlebige mit dem Spanier so richtig loslegte kotzte sie sich an. Was macht er während die leichtlebige gesundheitlich verhindert ist? Richtig macht sich, seines Charmes bewusst, an die andere ran. Völlig ohne Respekt davor das sie eigentlich Verlobt ist. Das nenn ich wieder egoistische Schwanzgeilheit und nicht Leidenschaft. Und im großen und ganzen geht es den ganzen Film genauso weiter. Sorry aber ich kann einen Film nicht als locker und leicht ansehen wenn einer nur aus Geilheit anfängt Leben und Beziehungen zu zerstören (sein eigenes dazugezählt). Nur weil einer sich kultiviert ausdrücken kann ist sein Charakter und sein Verhalten noch lange nicht auf dem selben Level.

Black_Mage - 25. Dez, 15:59

wenn er wirklich so egoistisch wäre, wie du sagst, warum respektiert und unterstützt er Vickys Entscheidung, als sie ihn und Maria Elena verlassen will?
Weil er versteht wie es ihr geht.

Ihm geht es nicht um Geilheit, sondern um ein sinnliches Erlebnis. Das ist nicht das selbe, wie einfach irgendwen vögeln.
Außerdem hat er Christina sicherlich nicht manipuliert, dass sie sich doch auf ihn eingelassen hat. Und später als Christina ihn wieder darauf angesprochen hat, hat er sie zurück gewiesen, weil er mit Vicky zusammen war und sie mittlerweile verheiratet. Wenn es ihm wirklich nur darum gegangen wäre, mit allem was 2 Beine und Titten hat zu ficken, dann hätte er das sicherlich anders angestellt.

Leidenschaft ist nicht das selbe wie Geilheit.
Abgesehen davon, sehe ich nicht welches Leben er zerstört hat.
Antichrist - 25. Dez, 19:34

Ich versuch mal ne antwort zu schreiben aufgrund meines glaubens wie du alles gemeint hast. Du hast nämlich ein Durcheinander mit den Namen gemacht. Also: Nachdem er die Verlobte (Vicky) gevögelt hat und sie gefallen an ihm gefunden hat und sie sich nach mehr verzehrt hat, hat er was gemacht? Richtig: Er ha, die wieder bei guter gesundheit befindliche, leichtlebige (Cristina) angerufen. Angeblich weil er die Beziehung zwischen den beiden Verlobten nicht stören will. Das erst nach einer Liebesnacht behaupten ist nichts anderes als eine Beziehung zu zerstören (natürlich gehören da zwei dazu, aber er ist dennoch das "böse" Element in der ganzen Sache) und nachdem er die eine ja hatte geht er natürlich zur nächsten über, da er ja an beiden gefallen gefunden hat. Dann kam diese tolle dreiecksbeziehung zwischen der leichtlebigen, dem spanier und seiner gestörten ex. Warum er Cristina gehen hat lassen? Ganz einfach weil die ex eh da war die er knallen konnte. Und als die dann auch den Hut drauf geschmissen hat hat er was gemacht? Richtig: Er versucht, natürlich voller Respekt, die mittlerweile verheiratete Vicky in die kiste zu bekommen. Und das mit fast vollem Erfolg (Wenn halt nicht Woody Allen den Film gedreht hätte *gg*) Also wenn das kein regelrechter Zerstörungswahn ist dann weiß ich auch nicht.
Black_Mage - 28. Dez, 09:57

Der Spanier taucht doch nur bei dieser Cocktailparty auf, und trifft sich auch mit Vicky, weil Judy ihn in die Sache reinzieht. Sie, die verhindern will, dass Vicky 'das selbe Schicksal' ereilt. Von sich aus, hätte er nichts in die Richtung unternommen.

Außerdem wissen Juan Antonio und Maria Elena was es bedeutet wenn Christina das Haus verlässt. Warum glaubst du zuckt Elena so aus? Sollte sie deiner Theorie nach nicht froh sein, wenn sie den Typen dann für sich hat? Nein, beide wissen, daß Christina das gewisse etwas ist, dass ihnen früher gefehlt hat, und dass es ohne sie wieder nicht funktionieren wird.

Natürlich wird dich das alles nicht davon überzeugen, dass Juan Antonio nicht wie der Elefant im Porzelanladen durch den Film trampelt. Auch die Tatsache, dass Vicky im Endeffekt ja bekommen hat, was sie wollte: ihren Mann und das alles. Christina ist um einige Erfahrungen reicher, und weiß immerhin was sie nicht will. Und für die beiden Spanier hat sich nix geändert: die sind getrennte Leute. Na, das ist schon ein egomanischer "Zerstörungswahn" von ihm... hui...

Wenn deine gesamte Argumentation darauf aufbaut, dass ich die Namen verwechselt habe, und am Ende keiner eine 100%ig intakte Beziehung hat, dann gebe ich die voll und ganz recht: das ist ein Film über Zerstörung, nicht über Entfaltung, Kreativität und Leidenschaft.

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Antichrist - 25. Dez, 19:34
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Black_Mage - 25. Dez, 15:59

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