Dienstag, 21. Oktober 2008

Viennale '08, Tag 3, "Maynila Sa Mga Pangil Ng Dilim" und "Historias Extraordinarias"

Der 3. Tag des heurigen Viennalemarathons führt uns zu den Philippinen und danach nach Argentinien. Bei beiden Filmen hatten wir die Ehre der Anwesenheit beider Regisseure. Einer davon hat sogar einen Song zum Film zum Besten gegeben.


Manila in the Fangs of Darkness

«This fucking place. If I weren't here, I wouldn't believe in God.» Den Glauben an Gott hat der Mann, der durch die Straßen Manilas geht, schon lange verloren. Geblieben ist ihm ein abgrundtiefer Hass: auf Gott und die Welt und am Ende auch auf sich selbst. Mit verschränkten Armen steht er da, im kurzärmeligen Hemd, raucht, beobachtet die Menschen und schreitet dann zur Tat.
Kontra Madiaga ist sein Name, und zu den Morden, die er begeht, betrachtet er sich als auserwählt. «God created the world that made me.» Er verfolgt Ligaya, eine junge Frau im blütenweißen Kleid, die Unschuld vom Land im Sumpf von Manila. Sie will er beschützen, von jenem Schmutz und jenem Laster fernhalten, dessen Teil er selbst längst geworden ist.

Der Film als ganzes gesehen ist nicht völlig schlecht, auch wenn einige Kinogäste schon vorzeitig den Saal verlassen haben. In dem Film wurden unter anderem Szenen aus einem anderen Film, der 1975 gedreht wurde, hineingeschnitten. Diese sind mir zuerst als Rückblenden vorgekommen. Tja das Ende hat mir gezeigt das ich mich getäuscht habe. Jedoch weiß ich immer noch nicht was sie teilweise darstellen sollten. Was auch noch hervorzuheben ist, ist die Tatsache das es Szenen gab in denen der Ton und das Bild zwei völlig unterschiedliche Situationen zeigten. Das erforderte von den Zuschauern Multitaskingfähigkeit.
Zusammengefasst wurde etwas zusammengebastelt was zwar nicht unbedingt schlecht anzusehen war aber (für mich) auch am Ende keinen Sinn ergibt.


Extraordinary Stories

Der Film Historias extraordinarias des jungen Regisseurs Mariano Llinás ist eine ganz und gar außergewöhnliche, phantastische und überbordende Tour de Force durch Zeit und Raum, durch Geschichte und Erzählung und eines der herausragenden Werke des argentinischen Kinos der letzten Jahre. Auf kunstvolle und faszinierende Weise verbindet der Filmemacher unterschiedliche Handlungsstränge und Figuren, verflicht die Bilder und Töne der Erzählung zu einem phantastischen Labyrinth, in dem ein alter Löwe wohnt, durch das ein wilder Strom fließt, wo sich Soldaten versteckt halten, ein Mörder untergetaucht ist und eine geheimnisvolle Frau wartet. Historias extraordinarias ist ein Film, in dem man sich lustvoll und spannend verirrt wie in einer großen, fremden Stadt.

Das einzige was zu der Beschreibung zusätzlich zu sagen ist, daß der Film satte 4 Stunden am Buckel hatte. Es wurden 2 Pausen eingelegt, nach denen immer weniger Zuschauer im Saal zu finden waren. Tja selbst schuld sie haben nen sehr guten Film verpasst.
Black_Mage - 22. Okt, 00:26

Hier mal wie ich zu 'Manila in den Fängen der Finsternis' stehe:

Das schöne an der Viennale ist, dass sie zeigt, dass Film als Medium mehr ist, als was wir aus unseren Cineplexen gewohnt sind. Filme können mehr, und vorallem anders sein, als was uns sonst so präsentiert wird. Das Problem an solchen Filmen, wie diesem, ist lediglich, dass sie so sehr von dem weggehen was wir gewohnt sind, dass es uns schwer fällt dem Gebotenen zu folgen.

'Maynila' folgt in dem Sinn keiner Geschichte, hat keine Anfang-Mitte-Schluß-Struktur. Natürlich erzählt der Film dennoch, aber bedient sich dabei einiger ungewohnter Mittel. Allem voran, den als Rückblenden dienenten, dreist reingeschnittenen Szenen aus zwei älteren philipinischen Filmen. Sie zementieren die Position des Charakters 'Kontra Madiaga', dem die Kamera folgt: er ist ein Mörder, ein Sünder, ein Tunichtgut.
Den nächsten Schritt, von den Konventionen fort, macht 'Maynila', in dem es immer wieder Ton und Bild von einander trennt. Auch hier kann man es als Erinnerungsfetzen ansehen, die den Protagonisten verfolgen, der unter dem leidet, was er angestellt hat.
Vorallem was den Ton-Schnitt angeht, ist der Film eine Herausforderung. Abrupte Enden, plötzlich höherer Tonpegel (oder umgekehrt), oder eben nicht zur Szene passende Geräusche. Dies dient bestimmt nicht immer dem Narrativ, sondern muss einen gewissen Selbstzweck haben.

Wo der Film jedoch in seiner Erzählweise am meisten von dem Zuschauer verlangt (und soweit haben nur die wenigsten durchgehalten), ist wenn sich am Schluß der Wahn, in dem sich Kontra Madiaga befindet komplett offenbart. All seine gegenwärtigen Bluttaten, denen die Kamera folgt, und die so konsequenzlos ablaufen, dass man seinen Urlaub nach Manila sofort stornieren will (ich hab keine Lust, das mir wer beim Karaoke singen mit dem Mikro den Kopf einschlägt), erweisen sich als fiktional. Kontra hat seine Ligaya schon vor 30 Jahren verloren, an den Schmutz und die Finsternis der Stadt. Genauso wie er seine eigene Reinheit und Unschuld mit ihr verloren hat. Es gibt keine Wiedergutmachung. Seine Taten gesteht er zwar ein, zeigt aber keine Reue, keine Besserung - Kontra Madiaga ist in den Fängen der Dunkelheit verloren.

Antichrist - 22. Okt, 11:25

Eigentlich dachte ich, das nur 1 anderer Fim reingeschnitten wurde. Dennoch schön aufgesagt!
Black_Mage - 22. Okt, 11:33

nein, das sind 2. bei dem einen ist er ja noch jünger, und beim anderen ist er dann dieser Rebellen-jäger. Die waren auch von der Qualität und Körnung unterschiedlich.
Antichrist - 23. Okt, 11:36

hm aber dann erklär mir wie er (aus dem 1. Film) vom Mob gekillt werden kann (was mein eindruck der szene in der gasse war) nach dem er Ligaya gerächt hat und dann Rebellen jagt und killt die eh gar keine waren (wie im 2. Film) nur um dann von den Opus Dei Fanatikern noch einmal aufgeknüpft zu werden. (wie im aktuellen film)

fiktive Realität

oder reale Fiktion

Aktuelle Beiträge

Top 5 Plätze des Alltags: meine...
Top 5 Plätze des Alltags: meine Couch, Starbucks, UCI...
Black_Mage - 11. Jan, 01:34
2008 - Ein fiktionaler...
Da das reale 2008 im großen und ganzen eine einzige...
Antichrist - 2. Jan, 05:52
Der Spanier taucht doch...
Der Spanier taucht doch nur bei dieser Cocktailparty...
Black_Mage - 28. Dez, 09:57
Ich versuch mal ne antwort...
Ich versuch mal ne antwort zu schreiben aufgrund meines...
Antichrist - 25. Dez, 19:34
wenn er wirklich so egoistisch...
wenn er wirklich so egoistisch wäre, wie du sagst,...
Black_Mage - 25. Dez, 15:59

Geistiger Stoff! Erhältlich beim Dealer deines Vertrauens!

Suche

 

Status

Online seit 6723 Tagen
Zuletzt aktualisiert: 12. Jan, 19:33

Credits


Filmkritiken
First Lines
Gastbeitrag
High Fidelity
In Sachen Kino, Film
Reales bittersüß
Sinnloses
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren